Ich weiß nicht, warum ich mir bis heute nach so vielen Jahren mit Perücke immer noch am meisten wünsche, es würde niemand merken, dass ich einen Haarersatz trage. Dabei mag ich meine Perücke und empfinde, was das betrifft, mein Leben als sorgenfrei, seit ich akzeptiert habe, dass ich wohl für immer einen Haarersatz brauchen werde. Aber scheinbar will ich trotzdem “normal" sein und aussehen. Aber stimmt das eigentlich?
Warum ich manchmal nicht die Wahrheit sage
Warum nutze ich nicht den Vorteil der großen NUUDA Auswahl und laufe jeden Tage mit einer anderen Frisur herum? Dann wüsste zwar jede:r, dass ich Perücken trage, aber ich könnte je nach Stimmung spontan zwischen Bob und Wallemähne wechseln. Aber ich will vor allem eines - nicht zu viel Aufmerksamkeit für meine Haare und meine Geschichte. Denn sie ist sehr privat und manchmal eben auch noch etwas schmerzhaft. Das ist wahrscheinlich genauso, wie der Wunsch nach langem oder kurzem Haar. Je nach Tagesform anders.

Ich möchte vor allem selbst entscheiden, wann und mit wem ich darüber spreche. Das heißt, wenn mich Bekannte oder jemand aus dem Arbeitsumfeld freundlich fragen, ob ich beim Friseur war, zögere ich einen kurzen Moment, bevor ich meistens verneine und versuche mit einem Scherz „Quatsch, die sind nur frisch gewaschen“ einem weiteren Gespräch den Wind aus den Segeln zu nehmen.
Im Englischen nennt man das White Lie – kleine, harmlose Notlügen
Mir gefällt der Begriff besser, denn es ist weniger eine Not, sondern der Wunsch, nicht immer alles erzählen zu müssen. Ich möchte keine mitleidigen Blicke, gut gemeinte Ratschläge oder etwas zweifelhafte, obgleich nett gemeinte Komplimente wie: „Oh, für eine Perücke sehen deine Haare aber ziemlich echt aus" hören. Ich will einfach wie jeder andere Mensch betrachtet werden, ohne dass das Äußere im Vordergrund steht. Ihr wisst schon, innere Werte und so. Denn ich bin nicht meine Krankheit und ich bin auch nicht meine Perücke. Die meiste Zeit meines Lebens denke ich an beides, ehrlich gesagt kaum. Ich möchte mich in meiner Haut wohlfühlen und zufrieden mit meinem Äußeren sein. Dabei hilft mir eine möglichst natürliche Perücke, die viele für echtes Haar halten sehr. Als Echthaarperücke ist ja auch aus echtem Haar, aber eben nicht aus meinem. Und meistens finde ich mein Haar sogar oft schöner, gepflegter und vor allem voller als das der meisten Menschen, die mir täglich begegnen. Die wenigsten Menschen haben nämlich bei genauem Hinsehen voluminöses Superhaar, wie es einem die Werbung oder Insta manchmal vorgaukelt.
Ich möchte Menschen mit ihrer Perückenwahl helfen
Und gleichzeitig weiß ich, es wäre ziemlich cool, ganz selbstbewusst auf die Frage, ob ich beim Friseur war, zu antworten: “Nein, das ist eine Echthaarperücke, weil ich krankheitsbedingt keine Haare habe. Deswegen sitzen die Haare auch immer so toll und ich muss nie zum Friseur. So spare ich Geld für neue schöne Perücken und wenn ich will, könnte ich morgen blond sein, ganz ohne zu färben.” Mach ich aber nicht. Naja, ein bisschen schon. Ich schreibe es hier. Denn viel wichtiger, als es Außenstehenden zu erklären, ist es, anderen Haar-Schwestern zu helfen.
Aber natürlich schlagen zwei Herzen in meiner Brust. Manchmal sehe ich Frauen auf der Straße mit nicht ganz so schönen Perücken und möchte ihnen von meiner Lösung berichten. Aber auch da muss ich sehr sensibel sein und genau abwägen. Möchte die Person ungefragten Rat? Kann sie die Zuzahlung stemmen? Oder ist sie gerade in einer gesundheitlichen schwierigen Lage und hat ganz andere Sorgen? Das kann ich bei einer wildfremden Person nicht abschätzen. Dagegen schon beijemanden, den ich schon etwas kenne oder mehrfach freundlich begegnet bin oder wir uns sogar anhand unserer “Codes” erkannt haben. Zum Beispiel, wenn jemand auch aufgemalte Augenbrauen oder keine Wimpern hat, dann traue ich mich. Manchmal.
Zwiespalt: Selbstbewusst auftreten oder lieber verbergen?
Vielleicht schreibe ich deswegen auch zum ersten Mal in meinem Leben öffentlich über meinen eigenen Haarverlust und es fühlt sich richtig gut an. Ein bisschen Scham bleibt wohl dabei. Oder es wird irgendwann immer leichter, je öfter man sich traut, einfach die ganze Wahrheit zu sagen.
Meine Echthaarperücke von NUUDA (ich trage gerade Coco) fühlt sich toll an. Manchmal reagiert sie auf Regen und manchmal habe ich sogar einen Bad Hair Day. Aber immer ist sie tausendmal besser als das Kaschieren von kahlen Stellen oder das unnatürliche Glänzen, das Kunsthaarperücken leider meistens haben. Zum Glück übernehmen Krankenkassen in vielen Fällen einen guten Teil der Kosten für den Haarersatz.
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Echthaarperücken wirken sehr natürlich und geben viel Sicherheit im Alltag
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Krankenkassen übernehmen oft einen Teil der Kosten – informiere dich unbedingt über deine Ansprüche
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Schamgefühle sind normal, aber sie werden kleiner, wenn man Erfahrungen teilt
Warum schäme ich mich für eine Krankheit, für die ich gar nichts kann?
Haarlosigkeit ist oft mit Scham und viel Traurigkeit verbunden. Natürlich freue ich mich über das Kompliment, wenn jemand fragt, ob ich beim Friseur war. Meine Imitation einer „normalen“ Friseur scheint täuschend echt zu sein. Aber noch schöner wäre natürlich eine Gesellschaft, wo man über alle diese Dinge frei und offen sprechen könnte. Wo keiner sich über irgendeine Äußerlichkeit überhaupt Gedanken machen müsste. Bis dahin sind alle Hilfsmittel erlaubt, die Euch persönlich das Leben leichter machen.
Fazit: Leben mit Haarersatz ohne Scham
Zunehmend verstehe ich eine eigentlich banale Tatsache für mich: Haarlosigkeit und Perücken gehören zu meiner Identität, sie sind aber nicht Teil meiner Persönlichkeit. Mit mehr Mut zur Offenheit können wir anderen helfen und Missverständnisse und Scham reduzieren.
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Mein Name ist Geraldine und ich schreibe über Nachhaltigkeit, Reisen und Projekte, die mir wichtig sind. So wie NUUDA. Seit zehn Jahren bin ich krankheitsbedingt (Alopezie) Perückenträgerin. Seit einem Jahr trage ich eine Echthaar-Perücke von NUUDA und möchte hier ganz einige meiner Erfahrungen mit Euch teilen. Nachfragen sind ausdrücklich willkommen!

